Was soll ich zuerst lernen: Coden oder Programmieren?
Lukas Fehrenbach 27 November 2025 0

Stell dir vor, du willst eine App bauen, eine Website automatisieren oder einfach verstehen, wie Computer ticken. Du suchst nach dem ersten Schritt. Und dann stolperst du über diese Frage: Was soll ich zuerst lernen - Coden oder Programmieren? Die Antwort ist einfacher, als du denkst. Und sie hat nichts mit Worten zu tun, sondern mit dem, was du eigentlich erreichen willst.

Was ist überhaupt der Unterschied zwischen Coden und Programmieren?

Viele nutzen die Begriffe als Synonyme. Das ist falsch. Coden ist der Teil, bei dem du Befehle in eine Sprache übersetzt, die der Computer versteht. Du schreibst Zeilen wie print("Hallo Welt") in Python. Das ist das Handwerk. Das ist das, was du siehst, wenn du einen Code öffnest.

Programmieren dagegen ist das Denken dahinter. Es geht darum, ein Problem zu lösen: Wie organisiere ich die Daten? Wie sorge ich dafür, dass das Programm nicht abstürzt, wenn der Benutzer etwas Falsches eingibt? Wie mache ich es effizient? Programmieren ist Planung, Logik, Struktur. Coden ist nur die Ausführung.

Stell dir vor, du baust ein Haus. Coden ist, als würdest du Ziegel legen, Mörtel anrühren, Fenster einsetzen. Programmieren ist der Bauplan, die Statikberechnung, die Entscheidung, wo die Türen hinkommen, wie das Dach abläuft. Ohne Plan legst du Ziegel - und am Ende steht ein Chaos.

Warum du mit Programmieren anfangen musst - nicht mit Coden

Die meisten Anfänger starten mit einem Tutorial, das sagt: "Schreibe diesen Code ab." Sie kopieren for i in range(10): und denken, sie hätten jetzt Programmieren gelernt. Aber sie können keinen eigenen Gedanken in Code umsetzen. Sie können nicht einmal eine einfache Aufgabe lösen, wenn die Anweisung leicht geändert wird.

Du brauchst keine Syntax auswendig zu lernen, bevor du verstehst, wie man denkt. Du brauchst Logik. Du brauchst Problemlösungsfähigkeiten. Das ist Programmieren. Und das kannst du ohne jeden Computer lernen.

Probier das mal aus: Nimm einen Kaffeebecher, einen Stift und ein Blatt Papier. Stell dir vor, du willst jemandem erklären, wie man einen Kaffee macht. Schreibe es Schritt für Schritt auf. Was machst du zuerst? Wasser holen? Kaffeebohnen mahlen? Tasse vorwärmen? Was passiert, wenn das Wasser nicht heiß genug ist? Was, wenn die Tasse kaputt ist?

Das ist Programmieren. Kein Computer nötig. Keine Programmiersprache nötig. Nur dein Verstand.

Wie lernst du Programmieren mit Python?

Python ist die beste Sprache, um das zu üben. Sie ist klar, lesbar und verlangt nicht, dass du dich mit komplizierten Regeln abquälst. Du kannst dich auf das Wesentliche konzentrieren: Logik.

Wenn du anfängst, lerne nicht die Syntax von Python auswendig. Lerne stattdessen, wie man Probleme zerlegt. Hier ist ein einfacher Weg:

  1. Wähle ein kleines Problem: Eine Liste von Einkaufsartikeln sortieren, einen Zahlenraten-Spiel erstellen, den Durchschnitt von Noten berechnen.
  2. Teile es in kleinste Schritte auf. Was muss passieren, bevor etwas anderes passieren kann?
  3. Schreibe jeden Schritt auf - in deiner Muttersprache, nicht in Python.
  4. Nur dann übersetze du diese Schritte in Code.

Beispiel: Du willst ein Programm schreiben, das prüft, ob eine Zahl gerade oder ungerade ist.

Erstmal schreibst du:

  • Frage den Benutzer nach einer Zahl.
  • Nimm die Zahl und teile sie durch 2.
  • Wenn der Rest 0 ist, dann ist sie gerade.
  • Wenn der Rest 1 ist, dann ist sie ungerade.
  • Sag dem Benutzer das Ergebnis.

Dann übersetzt du das in Python:

zahl = int(input("Gib eine Zahl ein: "))
if zahl % 2 == 0:
    print("Gerade")
else:
    print("Ungerade")

Die Syntax ist jetzt trivial. Du hast gelernt, wie du denkst. Und das ist der Unterschied zwischen jemandem, der Code kopiert, und jemandem, der Programme baut.

Hand schreibt Python-Code über einer handgezeichneten Logikskizze für ein Zahlenratespiel.

Was passiert, wenn du nur Coden lernst?

Ich habe Tausende von Anfängern gesehen. Sie lernen def function():, import pandas, df.groupby() - und denken, sie sind Programmierer. Aber wenn sie ein neues Problem bekommen, stehen sie da wie vor einer Wand.

Warum? Weil sie nie gelernt haben, wie man Probleme löst. Sie haben nur gelernt, wie man Befehle ausführt. Das ist wie ein Koch, der Rezepte auswendig kann, aber nicht weiß, wie man mit verderbten Zutaten umgeht.

Wenn du nur Coden lernst, wirst du:

  • Bei jeder kleinen Änderung im Projekt völlig überfordert sein.
  • Code kopieren, ohne zu verstehen, warum er funktioniert.
  • Schnell frustriert sein, weil du nicht weißt, was du falsch machst - du kannst nur sagen: "Das hat im Tutorial funktioniert!"

Das ist der Grund, warum so viele Leute nach drei Wochen aufhören. Sie denken, sie sind schlecht in Programmieren. Aber sie sind nur schlecht im Denken.

Wie du dich in den nächsten 30 Tagen aufbaust

Keine Theorie. Keine 100-Stunden-Kurse. Nur praktisch. Hier ist dein 30-Tage-Plan:

  1. Tag 1-5: Löse 5 einfache Probleme ohne Computer. Schreibe die Lösung auf Papier. Beispiel: Wie berechnest du, wie viele Wochenenden in einem Monat sind?
  2. Tag 6-10: Übersetze diese 5 Lösungen in Python. Nutze nur input(), print(), if, else, for und while. Keine Bibliotheken.
  3. Tag 11-15: Baue ein kleines Spiel: Zahlenraten, Tic-Tac-Toe mit Text, oder einen einfachen Quiz-Generator.
  4. Tag 16-20: Nimm einen echten Alltagsjob - etwa deine Einkaufsliste - und schreibe ein Programm, das sie sortiert, filtert oder zusammenfasst.
  5. Tag 21-30: Finde ein Problem in deinem Leben, das du automatisieren könntest. Eine Datei umbenennen? Eine Webseite nach Preisänderungen prüfen? Schreibe es. Wenn du nicht weißt, wie - suche nur nach einem Schritt. Nicht nach der Lösung.

Du wirst am Ende nicht perfekt sein. Aber du wirst denken können. Und das ist der einzige Skill, der dich langfristig voranbringt.

Gegenüberstellung von Verwirrung vor dem Bildschirm und Klarheit mit strukturierten Notizen.

Was kommt danach?

Wenn du diese 30 Tage durchgezogen hast, weißt du, wie du Probleme löst. Dann kannst du alles lernen: Webentwicklung mit Flask, Datenanalyse mit Pandas, Automatisierung mit Selenium. Du wirst nicht mehr sagen: "Ich verstehe das nicht." Du wirst sagen: "Ich muss nur den Schritt davor verstehen."

Python ist nur ein Werkzeug. Die Fähigkeit, zu denken, ist die Fähigkeit, die du mitnimmst - für jedes andere Programmierproblem, das jemals auf dich zukommt.

Ein letzter Hinweis: Vermeide diese drei Fallen

  • Keine Kurse mit "100 Stunden Code" - die lehren Kopieren, nicht Denken.
  • Keine Tutorials, die nur Code zeigen - ohne Erklärung, warum etwas funktioniert, lernst du nichts.
  • Kein Vergleich mit anderen - du brauchst nicht so schnell wie jemand anderes. Du brauchst nur klarer zu denken.

Der beste Programmierer ist nicht der, der die meisten Befehle kennt. Der beste Programmierer ist der, der das Problem am besten versteht.

Sind Coden und Programmieren dasselbe?

Nein. Coden ist das Schreiben von Befehlen in einer Sprache wie Python. Programmieren ist das Denken hinter diesen Befehlen: Wie löse ich das Problem? Wie strukturiere ich die Lösung? Coden ist die Ausführung, Programmieren ist die Planung.

Warum sollte ich mit Python anfangen?

Python ist einfach zu lesen und schreiben. Es versteckt komplexe Regeln und lässt dich dich auf das Wesentliche konzentrieren: Problemlösung. Du brauchst weniger Syntax, um etwas Sinnvolles zu bauen. Das macht es ideal für Anfänger, die lernen wollen, wie man denkt - nicht nur wie man kopiert.

Kann ich auch ohne Computer lernen, wie man programmiert?

Ja. Du kannst Probleme auf Papier lösen, Schritt für Schritt aufschreiben und logische Abläufe entwerfen. Das ist Programmieren. Der Computer brauchst du erst, wenn du deine Lösung umsetzen willst. Viele Profis machen das sogar heute noch - besonders bei komplexen Algorithmen.

Was ist der häufigste Fehler von Anfängern?

Sie versuchen, Code auswendig zu lernen, statt zu verstehen, wie man Probleme löst. Sie kopieren Tutorials, ohne zu wissen, warum etwas funktioniert. Das führt zu Frust, wenn etwas nicht genau so ist wie im Tutorial. Die Lösung: Denke zuerst, schreibe danach.

Wie lange dauert es, bis ich erste Programme schreiben kann?

Mit dem richtigen Ansatz kannst du in drei Tagen ein einfaches Programm schreiben - etwa einen Zahlenrater oder eine To-Do-Liste. Aber es dauert Wochen, bis du sicher denkst. Das ist normal. Qualität kommt nicht durch Menge, sondern durch Klarheit.