Was sind die 4 gängigen Coding-Stile in Python?
Lukas Fehrenbach 22 Dezember 2025 0

Wenn du Python schreibst, geht es nicht nur darum, dass der Code funktioniert. Es geht darum, dass andere ihn verstehen - und das bist du in sechs Monaten auch wieder. Die vier gängigen Coding-Stile in Python unterscheiden sich nicht nur im Aussehen, sondern in der Philosophie, wie man Probleme löst. Wer das nicht kennt, läuft Gefahr, Code zu schreiben, der zwar läuft, aber niemand sonst lesen will.

1. Imperativer Stil: Schritt für Schritt

Der imperative Stil ist der älteste und einfachste Ansatz. Du sagst dem Computer genau, was er tun soll - in Reihenfolge. Jede Zeile ist ein Befehl, der nacheinander ausgeführt wird. Das ist, als würdest du jemandem sagen: „Geh in die Küche, nimm den Kaffee, gieß ihn in die Tasse, rühre Zucker dazu.“

Typisch für diesen Stil sind for-Schleifen, while-Schleifen und viele Variablen, die du veränderst. Hier ein Beispiel:

zahlen = [1, 2, 3, 4, 5]
quadrate = []
for zahl in zahlen:
    quadrate.append(zahl * zahl)

Dieser Stil ist leicht zu verstehen - besonders für Anfänger. Aber er wird schnell unübersichtlich, wenn die Logik komplex wird. In Python wird er oft in Skripten oder kleinen Tools verwendet, wo Performance nicht kritisch ist und Klarheit wichtiger als Eleganz.

2. Funktionale Stil: Keine Nebeneffekte

Im funktionalen Stil vermeidest du Änderungen an Zuständen. Du arbeitest mit Funktionen, die nichts verändern - sie nehmen etwas, rechnen etwas aus und geben etwas zurück. Keine Schleifen, keine Variablen, die sich ändern. Stattdessen: map, filter, reduce.

Das gleiche Beispiel wie oben, aber funktional:

zahlen = [1, 2, 3, 4, 5]
quadrate = list(map(lambda x: x * x, zahlen))

Oder noch sauberer mit List Comprehension - die Python-Alternative:

quadrate = [x * x for x in zahlen]

Diese Art zu programmieren ist besonders nützlich, wenn du mit Daten arbeitest - zum Beispiel bei der Analyse von CSV-Dateien oder APIs. Funktionen sind wiederverwendbar, testbar und schwerer zu kaputtzumachen. Viele Python-Entwickler nutzen diesen Stil, wenn sie mit Pandas oder NumPy arbeiten. Es ist der Stil, den du findest, wenn du Code von Datenwissenschaftlern liest.

3. Objektorientierter Stil: Alles ist ein Objekt

Python ist eine objektorientierte Sprache - und das zeigt sich besonders in großen Projekten. Hier teilst du dein Programm in Klassen auf, die Daten und Funktionen zusammenhalten. Jede Klasse ist ein Baustein, der sich wie ein echtes Ding verhält: ein Auto, ein Benutzer, eine Bestellung.

Beispiel:

class Konto:
    def __init__(self, kontoinhaber):
        self.kontoinhaber = kontoinhaber
        self.balance = 0

    def einzahlen(self, betrag):
        self.balance += betrag

    def abheben(self, betrag):
        if betrag <= self.balance:
            self.balance -= betrag
        else:
            print("Nicht genug Geld")

konto = Konto("Anna Müller")
konto.einzahlen(500)

Dieser Stil ist ideal für Anwendungen mit vielen Interaktionen - Webanwendungen, Spiele, ERP-Systeme. Er hilft, Komplexität zu verwalten. Du baust kleine, klare Bausteine und setzt sie zusammen. Der Nachteil: Du kannst ihn übertreiben. Manche Entwickler erstellen 15 Klassen für ein kleines Skript - das macht den Code schwerer, nicht einfacher.

Abstrakte Darstellung funktionaler Programmierung mit Lambda-Funktionen und Datenströmen.

4. Declarativer Stil: Sag, was du willst - nicht wie

Der deklarative Stil ist der eleganteste, aber auch der am wenigsten verstandene. Du beschreibst, was du willst - nicht, wie es passiert. Du sagst: „Gib mir alle Nutzer mit mehr als 100 Punkten“ - und lässt die Sprache oder Bibliothek den Weg finden.

Das ist, was du in SQL siehst:

SELECT * FROM users WHERE punkte > 100;

Und in Python? Das findest du in Bibliotheken wie SQLAlchemy, Django ORM oder sogar in List Comprehensions mit Bedingungen:

nutzer_mit_hohen_punkten = [u for u in nutzer if u.punkte > 100]

Manche Leute sagen, das ist nur eine Variante des funktionalen Stils. Aber es geht hier um die Absicht: Du denkst nicht in Schritten, sondern in Ergebnissen. Du beschreibst das Ziel - und Python erledigt den Rest. Dieser Stil ist besonders stark in Datenbankabfragen, Konfigurationsdateien und Domain-Spezifischen Sprachen (DSLs). Wenn du mit Django oder FastAPI arbeitest, lebst du in diesem Stil - ohne es immer zu merken.

Warum das alles wichtig ist

Es gibt keinen „besten“ Stil. Es gibt nur den richtigen für die Situation. Ein Skript, das eine Datei umbenennt? Imperativ. Ein Datenanalyse-Tool? Funktional. Eine Web-App mit Benutzern, Rollen und Sitzungen? Objektorientiert. Eine API, die Daten filtert? Deklarativ.

Das Problem ist: Viele Anfänger mischen alles. Sie schreiben eine Klasse, die eine Schleife benutzt, die eine Lambda-Funktion aufruft - und dann noch eine globale Variable ändert. Das nennt man „Code-Mixtape“. Es funktioniert - aber es ist eine Qual für jeden, der danach schauen muss.

Die gute Nachricht: Python erlaubt dir, alle vier Stile zu nutzen. Die Herausforderung ist, sie bewusst zu wählen - und nicht nur zu benutzen, weil du sie kennst.

Architektonische Darstellung objektorientierten Python-Codes mit Klassen und Methoden als Bausteine.

PEP 8: Der unsichtbare Regisseur

Ob du jetzt imperativ, funktional, objektorientiert oder deklarativ schreibst - es gibt eine Regel, die alle gemeinsam haben: PEP 8. Das ist die offizielle Style Guide für Python. Es sagt nicht, welcher Stil besser ist - aber wie du ihn sauber schreibst.

Beispiele:

  • Verwende 4 Leerzeichen für Einrückung - nie Tabs.
  • Benenne Variablen klein mit Unterstrichen: benutzer_name, nicht BenutzerName.
  • Klassen benennst du mit Großbuchstaben: KlasseName.
  • Maximal 79 Zeichen pro Zeile.

PEP 8 ist nicht nur Schönheitspflege. Es macht Code lesbar - und das ist der Grund, warum Python so beliebt ist. Ein gut formatierter Code ist wie ein sauberer Raum: du findest sofort, was du suchst.

Wie du deinen Stil findest

Wenn du anfängst: Schreibe imperativ. Es ist einfach. Wenn du merkst, dass du dieselbe Logik immer wieder kopierst: Wechsel zu Funktionen. Wenn du viele ähnliche Dinge hast - wie Benutzer, Produkte, Bestellungen: Erstelle Klassen. Wenn du mit Daten arbeitest und Filter brauchst: Nutze List Comprehensions und map/filter.

Ein guter Test: Zeig deinen Code jemandem, der Python nicht kennt. Kann er verstehen, was passiert - ohne dass du es erklären musst? Wenn ja, dann hast du den richtigen Stil gewählt.

Was du vermeiden solltest

  • Nicht alle Stile in einem File mischen - das verwirrt.
  • Nicht zu viele Klassen für einfache Aufgaben - das ist Overengineering.
  • Nicht globale Variablen benutzen, um Zustände zu speichern - das macht Tests unmöglich.
  • Nicht PEP 8 ignorieren - auch wenn dein Editor es nicht zwingt.

Python ist eine Sprache, die dich nicht zwingt. Sie sagt: „Hier ist die Werkzeugkiste. Wähle das richtige Werkzeug.“ Aber sie erwartet, dass du weißt, was du tust.

Welcher Coding-Stil ist der beste für Anfänger in Python?

Für Anfänger ist der imperative Stil am einfachsten zu lernen, weil er Schritt für Schritt arbeitet und wie natürliche Anweisungen klingt. Sobald du aber wiederholte Aufgaben hast, solltest du zu Funktionen und List Comprehensions wechseln - das ist der natürliche nächste Schritt in Python.

Kann man mehrere Coding-Stile in einem Projekt mischen?

Ja, aber nur bewusst. Ein großes Projekt kann Teile mit objektorientiertem Code (für die Benutzerverwaltung), funktionale Ansätze (für Datenverarbeitung) und deklarative Abfragen (für die Datenbank) enthalten. Wichtig ist: Jeder Teil hat eine klare Verantwortung. Mischen ohne Struktur führt zu unlesbarem Code.

Warum ist PEP 8 so wichtig, wenn man doch verschiedene Stile nutzen kann?

PEP 8 regelt die Form, nicht den Inhalt. Ob du jetzt eine Funktion oder eine Klasse verwendest - PEP 8 sagt, wie du Variablen benennst, wie du Einrückungen machst und wie du Zeilen brichst. Das macht Code überall konsistent. Ohne PEP 8 wäre Python-Code wie ein Haus mit verschiedenen Baustilen - manchmal modern, manchmal klassisch - und niemand weiß, wo die Tür ist.

Wie erkenne ich, ob jemand objektorientierten Code schreibt?

Du siehst Klassen mit __init__, Methoden, die auf self zugreifen, und Instanzen, die mit objekt = Klasse() erstellt werden. Wenn du Code siehst, der wie eine Sammlung von Daten und Funktionen zusammenhängt - und nicht nur als einzelne Funktionen - dann ist es objektorientiert.

Ist funktionales Programmieren in Python effizienter?

Nicht unbedingt schneller, aber oft sicherer. Funktionale Ansätze vermeiden Nebeneffekte, was bedeutet, dass sie weniger Fehler produzieren - besonders bei paralleler Verarbeitung. Sie sind auch leichter zu testen, weil sie immer das gleiche Ergebnis liefern, wenn du dieselben Eingaben gibst. In Python ist das besonders nützlich bei Datenpipelines oder bei der Verarbeitung großer Mengen an Daten.