Was ist das größte Problem mit Python?
Lukas Fehrenbach 15 November 2025 0

Python ist einfach. Das ist sein größter Trumpf. Und gleichzeitig sein größter Fluch. Millionen entwickeln mit Python, weil sie glauben, es sei die Lösung für alles - von Webseiten bis KI. Aber was passiert, wenn dein Script plötzlich 20 Sekunden braucht, um eine einfache Berechnung zu machen? Oder wenn dein Server bei 100 gleichzeitigen Anfragen zusammenbricht? Dann stößt du auf das echte Problem von Python: Python ist nicht dafür gebaut, schnell zu sein.

Die GIL - Der unsichtbare Dämpfer

Der größte technische Engpass von Python ist die Global Interpreter Lock, kurz GIL. Das ist eine interne Sperre, die verhindert, dass mehrere Threads gleichzeitig Python-Code ausführen. Klingt technisch? Ist es auch. Aber das Ergebnis ist einfach: Selbst wenn du einen 8-Kern-Prozessor hast, kann ein einzelnes Python-Skript nur eine Kern auslasten. Alle anderen bleiben untätig.

Du denkst, du kannst das mit Multithreading lösen? Tatsächlich macht es schlimmer. Python-Threads wechseln sich nur ab - sie laufen nicht parallel. Das ist, als würdest du mit acht Menschen in einem Raum arbeiten, aber nur einer darf je einen Stift benutzen. Die anderen warten. Und das, obwohl du ein High-End-Laptop hast.

Das ist kein Bug. Das ist ein Design-Entscheid. Python wurde in den 90er Jahren als Sprache für Scripting und Prototyping gebaut - nicht für Hochleistungsrechnen. Und diese Entscheidung wirkt bis heute nach. Selbst Python 3.12, das im Jahr 2024 erschien, hat die GIL nicht entfernt. Die Core-Entwickler sagen: „Wir priorisieren Einfachheit und Stabilität über Geschwindigkeit.“

Warum das für Unternehmen ein Problem wird

Ein Einzelperson, der ein kleines Skript schreibt, merkt das nicht. Ein Tool, das einmal pro Tag Daten aus einer CSV-Datei liest? Kein Problem. Aber sobald du Python in einem Produktivsystem einsetzt - etwa für eine API, die Tausende Anfragen pro Minute bearbeitet - wird es knapp.

Ein Startup aus Berlin, das mit Python eine E-Commerce-Produktsuche aufbaute, hatte monatelang Probleme mit Ladezeiten. Sie nutzten Flask und Redis, alles modern. Aber bei mehr als 150 Anfragen pro Sekunde brach die Antwortzeit auf über 3 Sekunden. Sie probierten Caching, sie optimierten die Datenbankabfragen. Alles half nicht. Erst als sie den kritischen Teil in Go umschrieben - ein System, das echte Parallelität unterstützt - sank die Antwortzeit auf 120 Millisekunden.

Das ist kein Einzelfall. Viele Unternehmen, die Python für Backend-Dienste einsetzen, landen irgendwann bei einer Architektur, die so aussieht: Python für die Logik, aber alles, was schnell sein muss - Datenbankabfragen, Authentifizierung, Streaming - läuft in anderen Sprachen. Das ist nicht effizient. Das ist eine Notlösung.

Vergleich von Python-Threads hinter einer Sperre und parallelen Go-Prozessen auf mehreren Kernen.

Python ist langsam - aber warum kümmert sich niemand darum?

Es gibt viele Versuche, Python schneller zu machen. PyPy, eine alternative Python-Implementierung, nutzt einen Just-In-Time-Compiler und kann manche Tasks bis zu 5-mal schneller ausführen. Aber PyPy hat Probleme mit C-Erweiterungen - und viele wichtige Bibliotheken wie NumPy oder TensorFlow laufen nicht stabil darauf.

CPython, die offizielle Python-Version, wird immer noch von der Python Software Foundation gepflegt. Und die haben klare Prioritäten: Kompatibilität, Lesbarkeit, Sicherheit. Geschwindigkeit steht auf Platz 4 oder 5. Das ist kein Fehler - das ist bewusst. Python ist keine C- oder Rust-Alternative. Es ist die Sprache für Leute, die schnell etwas auf die Beine stellen wollen - nicht für Leute, die jede Nanosekunde aus dem Server herausholen müssen.

Ein Entwickler aus München, der für eine Bank arbeitet, erzählte mir: „Wir benutzen Python für Datenanalyse und Prototyping. Aber für die Live-Transaktionen? Java. Weil wir wissen: Wenn der Server abstürzt, geht es nicht um 0,1 Sekunden Performance - es geht um Geld.“

Die falsche Erwartung: Python als Allzweckwaffe

Das eigentliche Problem ist nicht Python. Das Problem ist, dass Menschen es als Allzweckwerkzeug sehen. „Wenn es für KI funktioniert, dann funktioniert es auch für Webserver.“ „Wenn es für Datenanalyse gut ist, dann ist es auch gut für Echtzeit-Apps.“

Das ist wie ein Koch, der sagt: „Ich benutze einen Löffel, weil er gut für Suppe ist - also nehme ich ihn auch zum Hacken von Fleisch.“

Python ist hervorragend für:

  • Prototypen und schnelle Lösungen
  • Datenanalyse mit Pandas und NumPy
  • Skripte zur Automatisierung
  • KI-Modelle mit TensorFlow oder PyTorch (wenn sie auf GPUs laufen)
  • Lehrmaterial für Anfänger

Es ist schlecht für:

  • Echtzeit-Server mit hoher Parallelität
  • Mobile Apps mit hohen Leistungsanforderungen
  • Systemprogrammierung oder Treiberentwicklung
  • Apps, die auf niedriger Latenz angewiesen sind (z. B. Finanzhandel)

Wenn du Python für etwas benutzt, das nicht zu ihm passt, dann ist das nicht Python’s Schuld. Das ist deine falsche Wahl.

Koch versucht Fleisch mit einem Löffel zu hacken — Symbol für falsche Werkzeugwahl.

Was du stattdessen tun kannst

Wenn du merkst, dass Python zu langsam wird, hast du mehrere Optionen - und keine davon heißt „Python optimieren“.

Option 1: Nutze Python, wo es stark ist - und andere Sprachen, wo es schwach ist. Baue deine API mit Python auf, aber verlagere rechenintensive Teile in C-Module, oder nutze Cython. Du kannst auch Teile in Rust oder Go schreiben und sie als Bibliothek einbinden. Viele Unternehmen tun das. Es ist kein Versagen - es ist Architektur.

Option 2: Nutze andere Tools für die gleiche Aufgabe. Brauchst du eine schnelle API? Dann probiere FastAPI mit Uvicorn - das ist besser als Flask. Aber wenn du mehr als 10.000 Anfragen pro Sekunde brauchst, dann schau dir Node.js, Go oder even Java an. Sie sind nicht „besser“ - sie sind einfach anders gebaut.

Option 3: Akzeptiere, dass Python nicht für alles da ist. Das ist der schwierigste Schritt. Viele Entwickler verlieben sich in Python, weil es einfach ist. Aber Liebe allein baut keine skalierbaren Systeme. Manchmal musst du sagen: „Ich mag Python. Aber für dieses Projekt nehme ich eine andere Sprache.“

Die Wahrheit: Python ist perfekt - für das, wofür es gemacht wurde

Python ist nicht das Problem. Das Problem ist die Erwartung, es solle alles können. Es ist die Sprache, die dich von 0 auf 80 bringt - aber nicht von 80 auf 180. Es ist die Sprache für Ideen, nicht für Endprodukte mit hohen Lastanforderungen.

Wenn du ein kleines Tool schreibst, das deine E-Mails sortiert? Python ist perfekt. Wenn du eine Plattform baust, die Millionen Nutzer bedient? Dann brauchst du mehr als Python. Du brauchst ein Team, das weiß, wann man welches Werkzeug nutzt.

Python ist nicht schlecht. Es ist einfach nicht die richtige Wahl für jede Aufgabe. Und das ist okay. Die besten Entwickler wählen nicht die beliebteste Sprache. Sie wählen die passende.

Ist Python wirklich so langsam wie alle sagen?

Ja - aber nur bei CPU-intensiven Aufgaben. Python ist langsamer als C, Go oder Rust, wenn es um viele Berechnungen in einer Schleife geht. Aber für I/O-Aufgaben - wie Datenbankabfragen, API-Aufrufe oder Dateilesevorgänge - ist die Differenz oft vernachlässigbar. Der Flaschenhals liegt dann meistens an der Netzwerkverbindung oder der Datenbank, nicht an Python.

Kann man die GIL in Python entfernen?

Technisch möglich? Ja. Praktisch? Nein. Die Python-Entwickler haben mehrfach erklärt, dass die GIL für die Stabilität von C-Erweiterungen und die Einfachheit der Sprache notwendig ist. Es gibt Experimente wie „Gilectomy“, aber sie sind nicht stabil und nicht kompatibel mit wichtigen Bibliotheken. Die GIL bleibt - und wird voraussichtlich auch in Python 4.0 noch da sein.

Warum nutzen dann so viele Unternehmen Python?

Weil es schnell zu lernen ist, die Bibliotheken gut sind und die Entwicklerzahl groß ist. Unternehmen nutzen Python oft für Prototyping, Datenanalyse, KI und Backend-Logik, wo Geschwindigkeit nicht der entscheidende Faktor ist. Viele nutzen es auch, weil es die beste Sprache für Data Science ist - und das ist ein riesiger Markt. Sie akzeptieren die Limits, indem sie Architektur nutzen: Python für Logik, andere Systeme für Performance.

Sollte ich als Anfänger mit Python beginnen?

Absolut. Python ist die beste Sprache, um Programmieren zu lernen. Die Syntax ist klar, die Fehlermeldungen sind verständlich, und du bekommst schnell Ergebnisse. Wenn du später merkst, dass du Performance brauchst, kannst du immer noch lernen, wie man mit C, Rust oder Go arbeitet. Die Grundlagen der Programmierung übertragen sich. Python ist ein guter Einstieg - nicht das Ende.

Was ist mit PyPy? Ist das die Lösung?

PyPy kann bei manchen Aufgaben bis zu 5-mal schneller sein - besonders bei langen Schleifen und reinem Python-Code. Aber viele wichtige Bibliotheken wie NumPy, SciPy oder TensorFlow sind nicht vollständig kompatibel. Außerdem braucht PyPy mehr Speicher und hat längere Startzeiten. Es ist eine gute Option für spezifische Anwendungsfälle, aber keine universelle Lösung.