PHP wird oft als alte Technologie abgetan. Man hört Sätze wie: „Das ist doch nur für alte Websites“ oder „Niemand nutzt das heute noch“. Aber stimmt das wirklich? Kann PHP überhaupt noch zum Programmieren verwendet werden? Die Antwort ist einfach: Ja. Und zwar nicht nur für einfache Webseiten, sondern für komplexe, skalierbare Anwendungen - sogar von Unternehmen, die Milliarden von Nutzern bedienen.
Was ist PHP wirklich?
PHP steht für „Hypertext Preprocessor“. Es ist eine serverseitige Skriptsprache, die 1994 von Rasmus Lerdorf entwickelt wurde. Ursprünglich dachte er nur an eine einfache Möglichkeit, seinen Lebenslauf online zu zeigen. Heute ist PHP die Grundlage von über 75 % aller Webseiten mit bekannter Content-Management-System-Nutzung. Das ist kein Zufall. Es ist das Ergebnis von Jahrzehnten kontinuierlicher Entwicklung.
PHP ist keine statische Sprache. Sie hat sich verändert. PHP 5 war noch voller Schwächen - aber PHP 8, das seit 2020 im Einsatz ist, ist eine völlig andere Geschichte. Mit Just-In-Time-Compilation (JIT) läuft PHP bis zu 30 % schneller als frühere Versionen. Die Typisierung ist strikter, die Fehlermeldungen präziser, die Syntax eleganter. PHP ist heute eine moderne Sprache, die mit Python oder JavaScript mithalten kann - wenn man sie richtig einsetzt.
PHP ist nicht nur für WordPress
Der größte Mythos über PHP ist, dass es nur für WordPress-Reiseblogs und einfache Landing Pages gut ist. Das stimmt nicht. WordPress ist nur ein Anwendungsfall - und zwar einer von vielen.
Facebook hat PHP in den 2000er Jahren massiv genutzt. Um die Performance zu verbessern, hat das Unternehmen HHVM (HipHop Virtual Machine) entwickelt - eine eigene PHP-Engine, die den Code in Maschinensprache übersetzt. Später wurde das Projekt Open Source und floss in PHP 7 und 8 ein. Heute nutzt Facebook zwar größtenteils Hack (eine PHP-Variante), aber der Kern der Infrastruktur ist immer noch PHP-basiert.
Andere große Player wie Etsy, Wikipedia, Slack und even Tesla nutzen PHP in Teilen ihrer Backend-Architekturen. Warum? Weil es stabil, gut dokumentiert und mit einer riesigen Community verbunden ist. Wenn du ein System brauchst, das 10 Jahre lang läuft, ohne dass du ständig neue Bibliotheken updaten musst, dann ist PHP eine der zuverlässigsten Optionen.
PHP für moderne Webanwendungen
Heutzutage wird PHP nicht mehr in einer einzigen Datei mit HTML-Tagen vermischt. Das war früher so - und genau das hat den schlechten Ruf begründet. Heute nutzt man Frameworks wie Laravel, Symfony oder CodeIgniter. Diese Frameworks folgen klaren Architekturmustern: MVC (Model-View-Controller), Dependency Injection, ORM für Datenbanken, CLI-Befehle, Tests mit PHPUnit - alles Standard.
Stell dir vor, du baust eine E-Commerce-Plattform mit Produktkatalog, Warenkorb, Zahlungsintegration, Benutzerrollen und Admin-Oberfläche. Mit Laravel kannst du das in zwei Wochen aufbauen - mit sauberem, testbarem Code. Du schreibst keine 500 Zeilen PHP-Code in einer Datei. Du teilst alles in Klassen, Services, Repositories und Events auf. Das ist nicht mehr „alte Webentwicklung“. Das ist professionelle Softwareentwicklung.
Und die Tools? PHP hat Composer - das Standard-Paketmanager für PHP-Projekte. Du installierst Bibliotheken mit einem Befehl: composer require guzzlehttp/guzzle. Dann nutzt du eine HTTP-Bibliothek, die genauso gut ist wie die in Python oder Node.js. Du kannst APIs anbinden, PDFs generieren, E-Mails versenden, Cache-Systeme nutzen - alles mit fertigen Paketen, die von Tausenden Entwicklern getestet werden.
PHP vs. andere Sprachen: Was ist besser?
Man vergleicht PHP oft mit Python oder JavaScript (Node.js). Aber die Frage ist nicht „Welche Sprache ist besser?“, sondern „Welche passt zu deinem Projekt?“
Python ist stark in Datenanalyse, KI und wissenschaftlichen Anwendungen. Node.js ist ideal für Echtzeit-Apps wie Chat-Systeme oder Spiele-Server. PHP? PHP ist ideal für serverseitige Webanwendungen - besonders wenn du Content, Benutzer, Datenbanken und Formulare verwalten musst. Es ist die Sprache, die am besten mit Webservern wie Apache und Nginx zusammenarbeitet. Sie ist einfach zu hosten, billig in der Infrastruktur und wird von fast jedem Webhosting-Anbieter unterstützt.
Wenn du eine neue Website für einen kleinen Laden bauen willst: PHP mit Laravel ist schneller und günstiger als ein React-Backend mit Node.js. Du sparst Zeit, Geld und Komplexität. Wenn du eine große Plattform mit tausenden gleichzeitigen Nutzern baust: PHP mit Swoole oder RoadRunner kann auch das - mit asynchroner Verarbeitung, die früher nur Node.js konnte.
PHP lernen - lohnt es sich noch?
Ja. Und zwar aus drei Gründen.
- Marktbedarf: In Deutschland und Europa gibt es Tausende Unternehmen, die PHP-Anwendungen betreiben - oft in der Industrie, im öffentlichen Sektor oder im Handel. Die meisten haben keine Budgets für eine komplette Umstellung auf eine andere Sprache. Sie brauchen Leute, die PHP warten, erweitern und modernisieren.
- Einstiegsbarriere: PHP ist einfach zu lernen. Du brauchst keinen komplexen Build-Prozess. Schreibe eine Datei mit
<?php echo "Hallo Welt"; ?>, speichere sie alsindex.php, leg sie auf einen Server - und sie läuft. Kein Webpack, keine Docker-Container, kein Node-Modul-Blubber. Das macht es ideal für Anfänger. - Langfristige Sicherheit: PHP wird nicht abgeschafft. Der PHP-Team veröffentlicht jährlich neue Versionen. Die Community ist aktiv. Die Dokumentation ist umfangreich und in vielen Sprachen verfügbar - auch auf Deutsch.
Wenn du PHP lernst, lernst du nicht nur eine Sprache. Du lernst, wie Webanwendungen funktionieren: Sessions, Cookies, Datenbankverbindungen, Formularvalidierung, Sicherheit gegen SQL-Injection oder XSS. Diese Grundlagen sind universell. Und wenn du sie mit PHP verstanden hast, kannst du sie leicht auf andere Sprachen übertragen.
Wo wird PHP heute eingesetzt?
Hier sind konkrete Beispiele, wie PHP heute in der Praxis genutzt wird:
- Medienplattformen: Die deutsche Zeitung „Spiegel Online“ nutzt PHP für Teile ihres Backend-Systems - mit Symfony und einer eigenen Content-Engine.
- Regierungsportale: Viele Kommunen in Deutschland haben ihre Bürgerportale mit PHP entwickelt. Sie sind stabil, sicher und werden von lokalen Entwicklern gewartet.
- E-Commerce: Magento (heute Adobe Commerce) ist ein PHP-basiertes System, das von über 200.000 Online-Shops weltweit genutzt wird.
- Unternehmenssoftware: Viele ERP- und CRM-Systeme (wie odoo oder SugarCRM) basieren auf PHP. Sie werden in mittelständischen Unternehmen weltweit eingesetzt.
Du musst nicht Facebook oder Wikipedia bauen, um PHP sinnvoll zu nutzen. Du musst nur ein System bauen, das eine Aufgabe erledigt - und das tut PHP seit 30 Jahren zuverlässig.
Was du vermeiden solltest
Natürlich gibt es auch schlechte Praktiken. Und die sind es, die PHP schlecht machen.
Vermeide:
- PHP-Code direkt in HTML-Dateien zu schreiben - ohne Framework oder Struktur.
- Datenbankabfragen mit
mysql_query()zu nutzen - das ist veraltet und unsicher. - Keine Tests zu schreiben - PHP ist nicht automatisch sicher, wenn du es falsch nutzt.
- PHP 5.6 oder älter zu verwenden - diese Versionen sind seit Jahren nicht mehr unterstützt.
Wenn du PHP nutzt, nutze es richtig. Nutze PHP 8.2 oder 8.3. Nutze Composer. Nutze ein Framework. Nutze PHPUnit für Tests. Nutze PHPStan oder Psalm für statische Analyse. Dann bist du nicht „ein PHP-Entwickler“. Dann bist du ein professioneller Entwickler, der PHP als Werkzeug nutzt - genau wie andere Entwickler Python oder Java nutzen.
PHP ist kein Auslaufmodell - es ist ein Werkzeug
Die Frage „Kann PHP zum Programmieren verwendet werden?“ ist wie die Frage: „Kann ein Hammer zum Bauen verwendet werden?“ Ja - wenn du weißt, wie man ihn hält. Ein Hammer ist nicht besser als ein Schraubenzieher. Er ist nur anders. Und manchmal ist er genau das, was du brauchst.
PHP ist nicht die einzige Sprache. Aber es ist eine der zuverlässigsten, am weitesten verbreiteten und am besten unterstützten. Es ist nicht sexy. Es ist nicht trendy. Aber es läuft. Und es wird weiterlaufen - solange es Webseiten gibt.
Wenn du anfängst, PHP zu lernen - tu es nicht, weil du denkst, es ist „einfach“. Tu es, weil es dir die Möglichkeit gibt, echte Probleme zu lösen. Weil du damit Unternehmen helfen kannst. Weil du damit eine Stelle bekommst, die andere nicht wollen - und deshalb besser bezahlt wird.
PHP ist kein Ende. Es ist ein Anfang - für viele.
Ist PHP noch sicher für Webanwendungen?
Ja - wenn du moderne Praktiken nutzt. PHP 8 bietet eingebaute Sicherheitsfunktionen wie Typisierung, SQL-Injection-Schutz durch Prepared Statements und automatische Escaping-Funktionen in Frameworks wie Laravel. Der Hauptgrund für Sicherheitslücken ist nicht PHP selbst, sondern schlecht geschriebener Code - wie das direkte Einbetten von Benutzereingaben in SQL-Abfragen. Mit richtiger Nutzung ist PHP genauso sicher wie jede andere Sprache.
Kann man mit PHP auch Apps bauen?
PHP ist primär eine Server-Sprache - also für Backend-Logik. Du kannst damit keine native iOS- oder Android-App bauen. Aber du kannst eine API erstellen, die von mobilen Apps genutzt wird. Viele Apps verwenden PHP-Backends, die Daten über REST oder GraphQL liefern. Frameworks wie Laravel haben eingebaute Unterstützung für API-Entwicklung. Du baust also die App-Logik nicht in PHP, aber du baust die Datenbasis - und das ist der größte Teil.
Wie schwer ist es, von Python oder JavaScript auf PHP umzusteigen?
Nicht schwer. Die Grundlagen - Variablen, Schleifen, Funktionen - sind überall gleich. Der Unterschied liegt im Ökosystem. PHP hat Composer statt npm, Laravel statt Express.js. Wenn du schon mit Webtechnologien gearbeitet hast, lernst du PHP in ein bis zwei Wochen. Die Syntax ist intuitiv, und viele Konzepte (wie MVC oder ORM) sind in anderen Sprachen bekannt. Du musst nur lernen, wie PHP spezifisch funktioniert - nicht, was Programmierung ist.
Gibt es noch Jobs mit PHP?
Ja - und zwar viele. In Deutschland sind Tausende Unternehmen auf PHP-Systeme angewiesen, besonders im Mittelstand, in der öffentlichen Verwaltung und im Einzelhandel. Viele Jobs heißen „PHP-Entwickler“, „Webentwickler“ oder „Backend-Entwickler“. Diese Stellen sind oft weniger umkämpft als Jobs in React oder Python, weil weniger Leute PHP können. Das bedeutet: Weniger Konkurrenz, bessere Gehälter, längere Arbeitsverhältnisse.
Warum nutzen große Unternehmen noch PHP?
Weil es funktioniert. PHP ist stabil, kostengünstig in der Wartung und gut dokumentiert. Große Unternehmen ändern ihre Systeme nicht aus Mode - sie ändern sie, wenn es einen klaren Vorteil bringt. PHP hat in den letzten 10 Jahren massive Performance-Verbesserungen erfahren. Mit JIT, modernen Frameworks und Container-Technologien ist es heute schneller und flexibler als je zuvor. Es ist kein „Legacy“-System - es ist ein bewährtes Werkzeug, das weiterentwickelt wird.
Wenn du PHP heute lernst, lernst du nicht eine vergessene Sprache. Du lernst ein Werkzeug, das Millionen von Webseiten am Laufen hält - und das noch lange tun wird.