Wenn du jemals gehört hast, dass Python keine 'echte' Programmiersprache sei, hast du wahrscheinlich mit jemandem gesprochen, der noch nie ein Instagram-Foto geladen oder einen NASA-Satelliten gesteuert hat. Diese Aussage taucht immer wieder in Diskussionen auf - besonders bei Leuten, die nur mit kompilierten Sprachen wie C oder Java vertraut sind. Aber warum wird Python überhaupt in Frage gestellt? Und was macht eine Sprache überhaupt 'echt'? Lass uns das mal aus der Sicht eines Entwicklers klären, der Python seit 2018 in Produktivsystemen einsetzt.
Kernpunkte auf einen Blick
- Python ist seit 1991 eine vollwertige Programmiersprache mit klar definierten Standards (PEP 8) und einer aktiven Community.
- Die Vorstellung, Python sei nur eine Skriptsprache, ignoriert seine Nutzung bei Instagram, Netflix und der NASA für kritische Systeme.
- Python kompiliert zwar nicht direkt zu Maschinencode, aber zu Bytecode - genauso wie Java oder .NET.
- Die Geschwindigkeit hängt nicht von der Sprache ab, sondern von der richtigen Anwendung: Python dominiert in Data Science, Webentwicklung und Automatisierung.
- Sprachen wie C# oder JavaScript wurden früher ebenfalls als 'nicht ernst' abgetan - heute sind sie Standard in der Industrie.
Woher kommt das Gerücht überhaupt?
Der Mythos entstand in den 2000ern, als Python hauptsächlich für kleine Skripte und Automatisierungsaufgaben genutzt wurde. Entwickler, die mit C oder Assembly arbeiteten, sahen Python als 'Spielzeug' - weil man keine ausführbaren Dateien erstellen konnte. Aber hier liegt der Denkfehler: Die Programmiersprache selbst ist nicht das Problem, sondern die Ausführungsumgebung. Python-Code wird zwar nicht direkt zu Maschinencode kompiliert, sondern zu Bytecode (genau wie Java). Dieser läuft dann in der Python Virtual Machine (PVM) - ein Prozess, der für moderne Webanwendungen mehr als ausreichend ist.
Ein konkretes Beispiel: Instagrams gesamter Backend-Code basiert auf Python. Wäre Python 'nicht echt', könnten sie nicht 500 Millionen Nutzer gleichzeitig bedienen. Die NASA setzt Python seit 2010 für Satellitensteuerung ein - auch hier geht es um Sicherheit, nicht um 'Spielzeugcode'.
Was macht eine Programmiersprache 'echt'?
Die Antwort liegt in vier Kriterien, die jede Sprache erfüllen muss:
- Syntaxregeln: Python hat klare Regeln wie Einrückungen statt Klammern (PEP 8). Das macht den Code lesbarer als bei vielen anderen Sprachen.
- Laufzeitumgebung: Die Python Virtual Machine übersetzt Code in Bytecode - genauso wie die JVM bei Java.
- Standardbibliotheken: Mit Modulen wie
numpy
oderdjango
lassen sich komplexe Systeme bauen. - Industrielle Nutzung: Über 80% der Data-Science-Jobs verlangen Python-Kenntnisse (Stack Overflow Developer Survey 2025).
Ein Vergleich zeigt, dass Python in allen Kriterien mithält:
Merkmal | Python | C | JavaScript |
---|---|---|---|
Typisierung | Dynamisch | Statisch | Dynamisch |
Kompilierung | Bytecode (PVM) | Native Maschine | Just-in-Time (V8) |
Industrielle Nutzung | Netflix, NASA, Spotify | Linux-Kernel, Embedded | Amazon, Google, Meta |
Lernkurve | Sehr niedrig | Hoch | Mittel |

Warum funktioniert Python trotz 'langsamem' Code?
Viele denken, dass interpretierte Sprachen automatisch langsam seien. Aber die Realität sieht anders aus: 90% der Zeit in einer Webanwendung verbringt der Code nicht mit Berechnungen, sondern mit Warten auf Datenbanken oder Netzwerkanfragen. Hier ist die Geschwindigkeit der Sprache irrelevant. Python ist hier sogar ein Vorteil - weil man schneller Code schreibt und mehr Zeit für Optimierungen hat.
Nehmen wir ein konkretes Szenario: Ein Entwickler muss eine CSV-Datei mit 10.000 Zeilen verarbeiten. In C braucht er 45 Minuten für Code und Tests. In Python schafft er es in 10 Minuten - und der Zeitgewinn kann für die Optimierung kritischer Teile genutzt werden. Oder: Wenn ein Algorithmus in Python zu langsam ist, kann man einfach C-Module einbinden (wie bei numpy
). Das ist ein Feature, keine Schwäche.
Wo wird Python wirklich eingesetzt?
Die Zahlen sprechen für sich: Laut TIOBE-Index (Oktober 2025) ist Python die zweitbeliebteste Sprache weltweit. Aber das interessiert dich wahrscheinlich weniger als konkrete Beispiele:
- Webentwicklung: Spotify nutzt Django (Python-Framework) für die Backend-Logik. Ohne Python gäbe es keine personalisierten Playlists.
- Wissenschaft: Die CERN-Forschung verwendet Python für Teilchenkollisionen-Analysen. Hier geht es um Milliarden von Datenpunkten.
- Finanzen: JPMorgan Chase setzt Python für Risikoberechnungen ein - falsche Ergebnisse würden Millionen kosten.
- Automatisierung: In deutschen Autoherstellern steuert Python Roboterarme auf der Montagebahn.
Ein lokales Beispiel: In Dresden entwickelt die Firma DeepL mit Python ihre KI-Übersetzungstools. Ohne die Leistungsfähigkeit von Python wären ihre Echtzeit-Übersetzungen unmöglich.

Der Vergleich mit 'ernsten' Sprachen
Viele vergleichen Python ungerecht mit C oder Java. Aber jede Sprache hat ihre Stärken:
- C: Ideal für Hardware-Nähe (z. B. Arduino), aber fehleranfällig durch manuelles Speichermanagement.
- Java: Gute Performance, aber umständliche Syntax - ein einfaches 'Hallo Welt' braucht 10 Zeilen Code.
- Python: Fokussiert auf Entwicklerproduktivität. Du kannst in einer Stunde mehr erreichen als in C in vier Stunden.
Interessant: Vor 15 Jahren galt JavaScript als 'nur für Webseiten'. Heute läuft Node.js in 60% aller Startups. Python durchläuft gerade dieselbe Entwicklung - von 'Skriptsprache' zur Industriestandard-Sprache.
Fazit: Python ist real - und zwar für alle, die Ergebnisse wollen
Die Diskussion, ob Python 'echt' ist, ist wie die Frage, ob ein Schraubendreher weniger 'echt' ist als ein Hammer. Beide Werkzeuge haben ihren Platz - und Python ist das richtige für 80% der Aufgaben heute. Wenn du schnell prototypisieren musst, Daten analysieren oder Webanwendungen bauen willst, ist Python nicht nur real - es ist die beste Wahl. Und wenn doch mal Geschwindigkeit zählt? Dann schreibst du den kritischen Teil in C und rufst ihn von Python aus auf. Das ist kein Kompromiss - das ist intelligente Werkzeugwahl.
Häufig gestellte Fragen
Warum wird Python oft als Skriptsprache bezeichnet?
Python wird fälschlich als 'nur Skriptsprache' abgetan, weil man es oft für Automatisierung nutzt. Aber Skriptsprachen sind Teil der Programmiersprachen-Familie - genauso wie Java für Android-Apps genutzt wird. Die Grenze verschwimmt, seit Python auch für große Anwendungen wie YouTube oder Dropbox eingesetzt wird.
Kann man mit Python performante Anwendungen bauen?
Absolut. Durch Bibliotheken wie Numba oder Cython läuft Python-Code nahezu so schnell wie C. Bei Instagram läuft der gesamte Feed-Algorithmus in Python - und verarbeitet Milliarden von Anfragen täglich. Die Leistung hängt vom Entwickler ab, nicht von der Sprache.
Ist Python für große Projekte geeignet?
Ja. Spotify hat sein gesamtes Backend mit Python aufgebaut - mit über 200 Microservices. Durch strenge Code-Standards (wie PEP 8) und Tools wie mypy für Typüberprüfung wird der Code sauber und wartbar. Große Projekte scheitern nicht an Python, sondern an schlechtem Design.
Warum nutzen so viele Unternehmen Python, wenn es 'langsam' ist?
Weil die Entwicklerproduktivität zählt. Ein Python-Entwickler schreibt Code 3-5x schneller als in Java. Das spart Zeit und Geld. Und für kritische Teile können C-Module eingebunden werden - wie bei der NASA, die Python mit C für Satellitensteuerung kombiniert.
Sollte ich Python lernen, wenn ich 'echte' Programmierung will?
Unbedingt. Python ist die beste Einstiegssprache, weil du dich auf Logik statt Syntax konzentrieren kannst. Viele Entwickler bei Microsoft oder Google haben mit Python begonnen. Selbst wenn du später zu C++ wechselst - die Konzepte (Schleifen, Funktionen, Objekte) sind überall gleich.