Ist Python wirklich C++? Die wahren Unterschiede zwischen den beiden Sprachen
Lukas Fehrenbach 15 November 2025 0

Wenn du zum ersten Mal programmierst, hast du vielleicht schon die Frage gehört: Python ist doch nur eine einfachere Version von C++, oder? Vielleicht hast du sogar jemanden gehört, der sagt, Python sei nur C++ mit weniger Zeichen. Das ist falsch. Und es ist nicht nur eine kleine Ungenauigkeit - es ist ein grundlegender Missverständnis, das viele Anfänger in die Irre führt.

Python und C++ sind zwei völlig verschiedene Welten

Python und C++ haben nicht nur unterschiedliche Syntaxen - sie wurden für völlig unterschiedliche Zwecke erfunden. Python ist eine Sprache, die dir helfen soll, schnell etwas zu bauen. C++ ist eine Sprache, die dir erlaubt, bis ins letzte Bit zu kontrollieren, was dein Computer tut. Das ist kein Unterschied im Stil. Das ist ein Unterschied in der Philosophie.

Stell dir Python als ein Werkzeugkasten vor, in dem alles schon vorbereitet ist: Schraubenzieher, Hammer, Maßband - alles in einem, und du musst nur die richtige Funktion aufrufen. C++ ist wie ein Schreiner, der selbst die Nägel schmiedet, das Holz zurecht sägt und den Leim mischt. Beide bauen ein Regal. Aber einer braucht fünf Minuten, der andere fünf Stunden - und der zweite weiß genau, wie stark das Regal ist, weil er jedes Material selbst hergestellt hat.

Wie Python funktioniert - und warum es nicht C++ ist

Python ist eine interpretierte Sprache. Das bedeutet: Wenn du einen Python-Code schreibst, läuft er nicht direkt auf der Hardware. Er wird zuerst in eine Zwischensprache (Bytecode) übersetzt, dann von einer virtuellen Maschine (der Python-Interpreter) ausgeführt. Das macht Python langsam im Vergleich zu C++, aber es macht es auch einfach. Du schreibst print("Hallo Welt") - und es funktioniert. Keine Header-Dateien, keine Compileraufrufe, keine Speicherverwaltung.

C++ hingegen ist eine kompilierte Sprache. Du schreibst deinen Code, dann rufst du einen Compiler auf - und der übersetzt alles direkt in Maschinensprache, die dein Prozessor versteht. Das macht C++ schnell. Sehr schnell. Aber es macht es auch kompliziert. Du musst selbst entscheiden, wo Speicher angefordert wird, wann er freigegeben wird, wie Datenstrukturen aufgebaut werden. Ein einziger Fehler - ein Zeiger, der auf nichts zeigt - und dein Programm stürzt ab. Oder schlimmer: Es läuft, aber gibt falsche Ergebnisse.

Die Syntax: Einfachheit vs. Kontrolle

Python hat eine klare, fast natürliche Syntax. Du schreibst:

liste = [1, 2, 3, 4, 5]
for zahl in liste:
    print(zahl * 2)

Und du hast eine Liste verdoppelt. Keine geschweiften Klammern. Keine Semikolons. Keine Typdeklarationen. Das ist Absicht. Python will, dass du dich auf das Problem konzentrierst - nicht auf die Sprache.

C++ sieht anders aus:

#include <iostream>
#include <vector>

int main() {
    std::vector<int> liste = {1, 2, 3, 4, 5};
    for (int i = 0; i < liste.size(); i++) {
        std::cout << liste[i] * 2 << std::endl;
    }
    return 0;
}

Das ist nicht nur länger - es ist auch viel mehr, was schiefgehen kann. Vergiss nicht die #include-Zeilen? Der Compiler sagt: „Keine Ahnung, was das ist.“ Vergiss das return 0;? Manche Systeme akzeptieren es, andere nicht. Du musst wissen, was ein std::vector ist, was ein Iterator ist, wie Speicher allokiert wird. Python fragt nicht. Es macht es einfach.

Ein Elektroauto namens Python fährt auf einer Straße, neben ihm ein Formel-1-Rennwagen namens C++ mit gefährlichen Hindernissen.

Speicherverwaltung: Wer macht was?

Das ist der größte Unterschied - und der, der die meisten Leute verwirrt.

Python hat einen Garbage Collector. Das ist ein Hintergrundprozess, der automatisch überprüft, welche Daten du nicht mehr brauchst, und sie löscht. Du musst dir keine Gedanken machen. Du erstellst eine Liste, eine Variable, ein Objekt - und Python kümmert sich darum, dass es nicht den Speicher füllt.

C++ hat das nicht. In C++ musst du selbst entscheiden, wann Speicher angefordert wird - mit new - und wann er freigegeben wird - mit delete. Vergisst du das? Dann bleibt Speicher blockiert, selbst wenn dein Programm längst fertig ist. Das nennt man Memory Leak. Es ist einer der häufigsten Gründe, warum C++-Programme instabil werden. Und wenn du falsch mit Zeigern arbeitest? Dann greifst du auf Speicher zu, der dir nicht gehört. Das führt zu Abstürzen, Sicherheitslücken - oder einfach zu unerwartetem Verhalten.

Python nimmt dir diese Last ab. C++ gibt sie dir - und erwartet, dass du sie tragen kannst.

Wofür wird was eingesetzt?

Wenn du eine Website bauen willst, eine App, eine Datenanalyse oder ein Skript, das deine Dateien umbenennt - dann ist Python die richtige Wahl. Es ist die Sprache hinter Instagram, Spotify, Netflix und der NASA. Es ist die Sprache, mit der Datenwissenschaftler arbeiten, weil sie sich auf die Mathematik konzentrieren können - nicht auf die Syntax.

C++ wird dort eingesetzt, wo Geschwindigkeit und Kontrolle entscheidend sind: Betriebssysteme (Windows, Linux-Kernel), Spiele-Engines (Unreal Engine), Echtzeitsysteme (Autofahrerassistenz, Flugzeugsteuerung), Bankensysteme, High-Frequency Trading. Wenn du ein Programm brauchst, das in Mikrosekunden reagiert, dann brauchst du C++. Wenn du ein Programm brauchst, das in einer Stunde geschrieben ist, dann brauchst du Python.

Eine Hand legt einen einfachen Python-Code in ein komplexes Zahnradwerk aus Speicherblöcken und Zeigern.

Warum verwechseln Leute Python und C++?

Weil beide Sprachen „Programmiersprachen“ sind. Weil sie beide Klammern, Variablen und Schleifen haben. Weil sie beide in der Schule oder auf YouTube erwähnt werden. Aber das ist wie zu sagen: „Ein Fahrrad ist doch auch ein Auto - es hat Räder.“

Python und C++ sind wie ein Elektroauto und ein Formel-1-Rennwagen. Beide fahren. Aber eines ist für den Alltag gemacht, das andere für den Rennplatz. Du kannst mit dem Elektroauto nicht um die Kurve fliegen. Und du kannst mit dem Rennwagen nicht einkaufen gehen - er hat keine Kofferraum, keine Heizung, keine Radioanlage.

Python ist nicht C++ vereinfacht. Python ist eine andere Sprache. Mit anderen Stärken. Mit anderen Schwächen. Mit anderem Ziel.

Was lernst du, wenn du mit Python anfängst?

Wenn du mit Python beginnst, lernst du, wie man Probleme löst. Wie man logisch denkt. Wie man Strukturen aufbaut. Wie man Code liest und schreibt. Du lernst Programmieren - nicht die Details einer bestimmten Sprache.

Wenn du später C++ lernst, wirst du sehen, wie viel Arbeit Python dir abnimmt. Du wirst verstehen, warum Python so schnell ist - weil es so viel abstrahiert. Und du wirst wissen, warum C++ so mächtig ist - weil es dir die Kontrolle gibt, die du brauchst, wenn du bis an die Grenzen gehst.

Python ist nicht C++. Und das ist gut so. Weil wir beide brauchen: Die, die schnell Lösungen bauen - und die, die die Grundlagen bauen.

Ist Python langsamer als C++?

Ja, Python ist deutlich langsamer als C++. Ein Python-Skript kann zehn- bis hundertmal langsamer laufen als ein gleichwertiges C++-Programm. Das liegt daran, dass Python interpretiert wird, während C++ direkt in Maschinencode übersetzt wird. Aber für die meisten Anwendungen - Webseiten, Datenanalyse, Automatisierung - ist die Geschwindigkeit irrelevant. Es geht um Entwicklungszeit. Und da ist Python unschlagbar.

Kann man Python in C++ umwandeln?

Technisch ja - aber es macht keinen Sinn. Es gibt Tools wie Cython, die Python-Code in C erweitern, um ihn schneller zu machen. Aber das ist kein direktes Umwandeln. Du musst den Code manuell anpassen, Typen hinzufügen, Speicher verwalten. Das ist kein Übersetzen - das ist neu schreiben. Und wenn du das tust, warum schreibst du dann nicht gleich C++?

Welche Sprache sollte ich als Anfänger lernen?

Wenn du neu in der Programmierung bist, fange mit Python an. Es ist freundlicher, verständlicher und bringt dich schneller zu Ergebnissen. Du kannst damit Webseiten, Spiele, Datenanalysen und sogar KI-Modelle bauen - ohne dich in Syntax-Fallen zu verheddern. Sobald du die Grundlagen verstehst, kannst du C++ lernen, wenn du mehr Kontrolle oder Geschwindigkeit brauchst.

Warum lernen manche Leute C++ als erste Sprache?

Weil sie in Bereichen arbeiten wollen, wo Performance entscheidend ist - wie Spieleentwicklung, Robotik oder Systemprogrammierung. Oder weil sie glauben, dass C++ „echtes Programmieren“ lehrt. Das ist ein Irrtum. C++ lehrt, wie man mit Speicher und Compilern kämpft. Python lehrt, wie man Probleme löst. Beides ist wichtig - aber erstere Fähigkeit ist nicht notwendig, um gut zu programmieren.

Gibt es Sprachen, die zwischen Python und C++ liegen?

Ja. Rust ist eine moderne Sprache, die C++-Performance mit Python-ähnlicher Sicherheit bietet. Go ist einfach und schnell, aber nicht so mächtig wie C++. Java ist interpretiert wie Python, aber mit stärkerer Typisierung. Keine dieser Sprachen ist eine Mischung aus Python und C++. Sie sind jeweils eigene Lösungen für eigene Probleme.

Was kommt als Nächstes?

Wenn du jetzt weißt, dass Python nicht C++ ist - dann ist der nächste Schritt klar: Lerne Python richtig. Baue ein kleines Projekt. Etwas, das dich interessiert: Ein Skript, das deine Fotos organisiert. Ein Tool, das deine Spotify-Playlists analysiert. Eine Webseite, die das Wetter anzeigt. Verwende Python, um echte Probleme zu lösen. Und wenn du merkst, dass du mehr Kontrolle brauchst - dann geh zu C++. Aber nicht, weil du denkst, du müsstest. Sondern weil du es brauchst.